Wiener Schnecken aus dem Hause Gugumuck

Rothneusiedl – Ein Blick in die Vergangenheit

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Der gebĂŒrtiger Rothneusiedler und Historiker Dr. Franz Pilshofer (1922 – 2021) hat 1991 unzĂ€hlige Archive aufgestöbert um die Geschichte Rothneusiedls von der Urzeit ĂŒber das Mittelalter, die TĂŒrkenkriege, bis in die Gegenwart zu dokumentieren. Er hat mit vielen Zeitzeugen gesprochen, um das noch vorhandene Wissen bis in die Gegenwart festzuhalten.

2. Auflage, MĂ€rz 2023 auf Initiative des Vereins Zukunftsraum Rothneusiedl.

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Beschreibung

Vorwort aus dem Jahr 1991

Der Ort Rothneusiedl hat gerade in den letzten Jahrzehnten eine große VerĂ€nderung erfahren. Neue Wohnsiedlungen entstanden und so manches Alte droht endgĂŒltig in Vergessenheit zu geraten. Es gibt nicht mehr sehr viele BĂŒrger, die sich noch an die ersten Jahrzehnte unseres letzten Jahrhunderts erinnern können. Aus diesem Grunde schien es angebracht, das noch vorhandene Wissen aus jenen Tagen zu sichern und festzuhalten. DarĂŒber hinaus sollte alles, was aus historischer Sicht ĂŒberliefert wurde, gesammelt werden.

1. Entstehung und Deutung des Namens unseres Ortes

Die Entstehung unseres Ortes kann nicht mehr mit Sicherheit festgestellt werden. Zu wenig sichere Nachrichten sind greifbar. Vermutlich entwickelte sich der Ort als neue Ansiedlung zur Urbanmachung des GrĂŒnen oder durch Bebauung der dem Gutsbesitzer ĂŒberflĂŒssigen Felder, Wiesen und WeingĂ€rten. Zweifelsohne bestand zuerst der Meierhof mit dem Schloss und dann erst entwickelte sich die Siedlung. Die Bezeichnung „sidl” (=Siedlung) deutet darauf hin, dass der Ort als Ansiedlung in der NĂ€he des sicher schon vorhanden gewesenen Meierhofes im Mittelalter, vermutlich im 12. Jahrhundert, entstand. Höchstwahrscheinlich wurde also der Ort, nicht aber der Meierhof, spĂ€ter als Ober- und Unterlaa gegrĂŒndet. Bis zu den TĂŒrkenbelagerungen Wiens (1529 und 1683) fĂŒhrte der Ort nur die Bezeichnung „Neusiedl”. Nach der Errichtung der ersten Ziegeleien auf dem Wiener- und spĂ€ter auch auf dem Laaerberg scheint sich die heutige Bezeichnung „Rothneusiedl” eingebĂŒrgert zu haben, denn die Karten der Josefinischen Landesaufnahme (1773-1781) …

2. Von der Urzeit bis zum Mittelalter

Im mittleren TertiĂ€r brach das Wiener Becken ein und das Meer strömte von der Adria. deren Meeresspiegel etwa 400 Meter höher als heute lag, herein. Nach einer Hebung des Bodens floss das Meer wieder ab und es entstand ein SĂŒĂŸwassersee, der nach einer neuerlichen Hebung verschwand und der Donau Platz machte, die nun alle WasserzuflĂŒsse aufnahm. Es folgten wechselhafte Perioden, die Eiszeit mit mehreren Zwischeneiszeiten brach herein und formte den Boden. Noch heute deuten Schotterablagerungen darauf hin.

Nach dem Abschluss dieser Epoche vor etwa 12.000 Jahren traten in unserem Gebiet die ersten Menschen in Erscheinung, sie betrieben Ackerbau und Viehzucht und wurden heimisch. Vermutlich siedelten sie auf den höhergelegenen HĂ€ngen des Laaer- und Wienerberges. FundgegenstĂ€nde aus der jĂŒngeren Eisenzeit (500 vor – Chr. Geb.) weisen auf indogermanische Siedler hin.

Erst 1989 Jahren konnten in der NĂ€he der Liesing, vor dem Bahndamm gegen Inzersdorf, Ausgrabungen von Resten urzeitlicher Siedlungen entdeckt werden. Um etwa 300v.Chr. ließen sich schließlich die Kelten in unserer Gegend nieder. Dann kamen kurz vor Christi Geburt die Römer in unser Gebiet. Wir wissen, dass in der Zeit zwischen 70 und 100 n. Chr. auf den Höhen von Inzersdorf und Oberlaa die 13. und die 14. römische Legion stationiert waren. SpĂ€ter kam die 10. Legion hie her, die bis zum 4. Jahrhundert n. Chr. blieb. Römische Kriegsveteranen ließen sich nieder und es kam nach 280 n. Chr. zu ausgedehntem Weinanbau.

WĂ€hrend der Völkerwanderungszeit ereigneten sich kleinere Kriege, in denen Siedlungen verwĂŒstet und deren Bewohner getötet wurden Aufzeichnungen darĂŒber gibt es leider nicht. Manche Volksgruppen waren nur vorĂŒbergehend sesshaft und wurden von der nĂ€chsten Einwanderungswelle vertrieben oder sogar ermordet.

Im 6. Jahrhundert kamen die Awaren und besetzten unser Gebiet, das in der Folgezeit gĂ€nzlich verödete. Nach der Vernichtung des Awaren- Reiches durch Karl den Großen brachen Ende des 9. Jahrhunderts die Magyaren in unser Gebiet ein, die fĂŒr fast ein Jahrhundert das Land besetzten. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich bereits Reste verschiedener Völkerschaften und einige slawische Familien mit frĂ€nkischen und alemannischen vermischt, zu denen spĂ€ter noch die Bajuwaren hinzukamen. Diese begannen mit der Gegend um Wien den Wald zu roden und neue Siedlungen zu grĂŒnden.

Bis zum Ende des 11. Jahrhunderts waren der Wiener- und der Laaerberg noch mit Wald und Busch bedeckt. Es gab damals noch keine Favoriten- bzw. Himbergerstraße und die Laaerbergstraße fĂŒhrte östlich vom höchsten Punkt des Laaerberges von Liesingtal nach Unterlaa. Im 12. und 13. Jahrhundert drangen wiederholt die Ungarn bis gegen Wien vor und dĂŒrften auch unser Gebiet nicht verschont haben. Um diese Zeit mĂŒsste es also schon einen Meierhof und ein Schloss oder eine Burg in Rothneusiedl gegeben haben, die zwischen der heutigen Rosiwalgasse und der Liesingbachstraße lagen.

Zur Zeit Ottokars II. von Böhmen (+1276), der die LĂ€nder Österreich und Steiermark in Besitz nahm, werden zu Neusiedl bereits Lehen angefĂŒhrt. Die Ă€lteste erhaltene Urkunde ĂŒber Rothneusiedl stammt aus dem Jahre 1270. In dieser bekundet ein Wiener BĂŒrger im EinverstĂ€ndnis mit seiner Frau Gertrud, von dem Abte Heinrich von Heiligenkreuz einen Mansen (=GrundstĂŒck) in Neusiedl als Burgrecht erhalten zu haben. Damit haben wir zum ersten Mal Nachricht von der Existenz Rothneusiedls und seiner Burg. Es ist wahrscheinlich, dass diese auf dem Areal jenes GrundstĂŒckes stand, das man heute noch als Schlosspark bezeichnet. Jedenfalls scheint die Existenz des Meierhofes und der Burg vermutlich schon vor 1200 angesetzt zu sein. Warum aber Burg und nicht Schloss? In alten Urkunden wird immer von einem „festen Gesloß” gesprochen, also muss dieses fĂŒr eine Verteidigung gerĂŒstet gewesen sein. Wir können auch annehmen, dass unser Ort spĂ€testens im 13. Jahrhundert entstanden sein muss, also wesentlich spĂ€ter als Ober- und Unterlaa. Um diesen Meierhof siedelten sich allmĂ€hlich Leute an, die vermutlich zum Großteil auch dort beschĂ€ftigt gewesen sein dĂŒrften. Das gesamte Gebiet war eher dĂŒnn besiedelt und der Ort bestand sicher nur aus wenigen HĂ€usern. Die heutigen, sĂŒdlich der Rosiwalgasse gelegenen Wirtschafts- und WohngebĂ€ude waren noch nicht vorhanden und wurden erst Ende des 19. Jahrhunderts errichtet.

Grenzbeschreibung der Gemeinde Rothneusiedl

Diese nimmt bei der 2. Ried, und zwar bei der ÖdenbĂŒrger Straße (jetzt Himbergerstraße) nĂ€chst der BrĂŒcke ihren Anfang, lĂ€uft zwischen der Oberlaaer Grenze und den in der 2. Ried beschriebenen KrautgĂ€rten nach einem Graben bis zum Altbach. Von da den Altbach oder Liesinger Bach aufwĂ€rts bis zu einem Marchstein, so Inzersdorf von Rothneusiedl scheidet und rechts 773 et T.links ber 773 Ts bezeichnet ist. Von diesem Marchstein 207 Klafter links aufwĂ€rts bis zum 2. Stein, welcher rechts mit 773 ot J bezeichnet ist. Von diesem gerade 515 MM aufwĂ€rts bis zum 3. Marchstein, welcher links mit 763 et TS bezeichnet ist. Von diesem 90 MM gerade bis zum 4. Stein, der rechts mit 772 et T und links mit 772 et TS bezeichnet ist. Von dannen 10 Klafter links nach der Vösendorfer Freiheit, wo sich ein Marchstein befindet, so rechts mit 772 und H et T gezeichnet. Von diesem 13 Klafter rechts bis zur Hennersdorfer Freiheit, wo sich 3 Freiheitssteine, und zwar von Vösendorf, Rothneusiedl und Hennersdorf befinden. Von dannen links nach der Hennersdorfer Freiheit 124 Klafter bis zum ersten Stein, so rechts mit 763 et HL und links 763 TS gezeichnet. Von diesem gerade bis zum zweiten und 113 Klafter bis zum dritten, dann 209 Klafter bis zum vierten Stein, so alle wie der erste gezeichnet sind. Von diesem 87 Klafter bis zum fĂŒnften Stein, wo nur links mit 759 et TS bezeichnet. Von dannen gerade 81 MM bis zum 6. Stein, so rechts mit 763 et HL und links mit 763 TS bezeichnet ist. Von dannen links nach einem Maßstein, so zwischen den Wallnerischen und achauischen Äckern Neusiedl von Oberlaa scheidet, worauf sich in gerader Linie bis zum Altbach 5 Marchsteine befinden, so rechts mit 773 M et D bezeichnet sind und bis dahin 112 Klafter misst. Von dannen links dem Liesinger Altbach aufwĂ€rts bis zur Ödenburger Straße nĂ€chst der BrĂŒcke, allwo die Neusiedler Grenze ihren Anfang genommen.

Schloss Neusiedl, 1787
Johann Gugumuck als Richter

BenĂŒtzte Archivalien: AE UW 79, Ther. Fass. 817, Jof. Fass. UW 26, Besitzerbogen UW 591

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5. Von der Mitte des 19. Jahrhunders

Auszug aus der Topographie von Niederösterreich aus dem Jahre 1915

„1795 hatte Rothneusiedl 20, 1822 21 HĂ€user, 1832 21 HĂ€user mit 104 Einwohnern, 1855 22 HĂ€user mit 120 Einw., 1870 27HĂ€user mit 246 Einw., 1880 30 HĂ€user mit 270 Einw., 1890 33 HĂ€user mit 405 Einw.,

1900 35 HÀuser mit 501 Einwohner, also eine langsame, aber stÀndige Zunahme des an sich kleinen Ortes.

Über die Lage des Ortes erfahren wir folgendes:

„Der Ort liegt auf 182 m Meereshöhe in ebener Umgebung, deren Ă€lteste zutage tretende Schichten dem pontischen SĂŒĂŸwassersee angehören (Kongerienschichten aus dem Oberen MiozĂ€n). Sie werden vom eiszeitlichen LĂ¶ĂŸ ĂŒberlagert, in welchem der Liesingbach schwach eingeschnitten ist. Seine Ufer begleiten eiszeitliche und rezente Schotter. Gegen SĂŒden zu steigt das Gemeindegebiet allmĂ€hlich bis 192 m an, ohne jedoch auffallende Höhepunkte aufzuweisen.”

Die klimatischen VerhĂ€ltnisse sind die gleichen wie in Wien, die Fauna besteht aus wenigen Feld- und Wiesentieren, die Flora ist pannonisches Steppenflora. Der Anteil an Wiesenfonnationen erreicht 52. 400 m2, also sehr wenig (jetzt noch weniger, da die Dachlerwiese und die frĂŒheren GrĂŒnstreifen an einigen FeldrĂ€ndern verschwunden sind.).

Die Bevölkerung betrug 1832 62 MÀnner, 48 Frauen, 14 Kinder; 1870 129 M, 117 Fr; 1880 149 M, 130 Fr, 1890 206 M, 199 Fr; 1900 265 M, 236 Frauen.

Der Sprache nach gab es 1880 256 Deutsche, 23 Tschechen; 1890 369 Deutsche, 36 Tschechen; 1900 333 Deutsche, 168 Tschechen. Die starke Zunahme der Tschechen ist auf den Zuzug der Ziegelarbeiter zurĂŒckzufĂŒhren.

Der Konfession nach bekannten sich 1880 273 röm. ath., 6 lsr., 1890 388 röm. kath., 7 evang, 10 Isr.; 1900 488 röm. kath, 13 evang. Das Gemeindegebiet umfasst 1,93 km2, produktives Areal 1,82 km2, davon 1,74 km2 Feld, 33. 100 m2 GÀrten (jetzt etwas mehr).

Die HaupternÀhrungsquellen sind Feldwirtschaft und Viehzucht. Der Viehbestand betrug 1900 81 Pferde, 213 Rinder (hauptsÀchlich Gutsherrschaft) sowie 95 Schweine.

Die Industrie ist durch mehrere Ziegeleien vertreten.

Die Bewohner treiben kleinen Markthandel und finden in den nahen Fabriken und Werken BeschÀftigung. Die Gutsherrschaft zieht aus ihrem Milchhandel besonders mit bereiteter Kindermilch (System Backhaus) Vorteile.

Soweit also ein Auszug aus dem Jahre 1915.

Was nun die BesitzverhĂ€ltnisse am Ausgange des 19. Jhd. betrifft, so werden 1870 Jakob Kunwald, Moritz Hirschl und Josef Jeanee als Besitzer angefĂŒhrt.

1872 scheint der HolzhÀndler Moriz Hirschl als alleiniger Besitzer auf.

1873/74 die ,,Laaer Berg und Rothneusiedler Ziegelfabriks AG”.

1874 ist dann wieder Moriz Hirschl alleiniger Besitzer. Dieser reichte im Jahre 1881 einen Bauplan zur Erbauung eines ebenerdig gelegenen Kuhstalles samt NebengebĂ€uden ein, an der SĂŒdseite der jetzigen Rosiwalgasse gelegen, also unser heutiger Gutshof. Ob dieser Bau noch unter Hirschl oder schon unter seinem Nachfolger Robert Herzfelder zur AusfĂŒhrung kam, ist nicht mit Sicherheit festzustellen. 1885 erwarb jedenfalls Robert Herzfelder das Gut und ließ im Jahre 1891 einen Plan zur Aufstockung des GebĂ€udes fĂŒr einen 1. und 2. Stock mit SchĂŒttboden und Dienstwohnungen anfertigen, der dann verwirklicht wurde, sodass unser Gutshof seit dieser Zeit seine heutige Form erhalten haben dĂŒrfte.

1908 wurde das alte Schloss bis zum Eingang abgerissen und eine neue Villa erbaut. Nach Herzfelder Tod verpachteten seine Erben das Gut an Hans Bodek und spĂ€ter an Dipl. Ing. Jaro Hascha, nach dessen Ableben sein Sohn Dipl. Ing. Rudolf Hascha die Gutsleitung ĂŒbernahm.

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Das 48 Seitige Heft wurde auf Recyclingpapier gedruckt.

Copyright © Andreas Gugumuck, Eveline Moser, Florian Malin, Michaela Pilshofer
Eigenverlag, 2. Auflage, 2023, Wien
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