Wiener Schnecken aus dem Hause Gugumuck

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Ulmer_Schachtel

Geschichte

Kulinarisches Erbe der Alpen

Erste Nahrungsquelle der Menschheit

Die Geschichte des Schneckenessens reicht bis in die Anfänge der Menschheit zurück. Wissenschaftler fanden Reste von Küchenabfällen (dänisch Kjökkenmöddinger) an der dänischen Ostseeküste, die von Siedelungen aus der Steinzeit stammen. Neben Muschelschalen, Knochen von Säugetieren und Vögeln fand man auch Reste von Schnecken und Meerestieren. Vermutlich handelt es sich hier um Überreste von menschlichen Mahlzeiten aus prähistorischen Zeiten. Wie schmecken Weinbergschnecken weiß der Mensch somit schon sehr lange.

Manche Wissenschaftler bringen Schnecken sogar mit der Entwicklungsgeschichte der Menschheit in Verbindung. Behauptungen gehen sogar soweit, dass Landschnecken die ersten domestizierten Tiere überhaupt gewesen sein könnten.

Ursprung im Alten Rom

Das Essen von Weinbergschnecken erlebte im Alten Rom einen ersten Aufschwung. Sie waren wegen ihrer angeblich anregenden Wirkung sehr beliebt. So schreibt Plinius der Ältere (1. Jhdt. v. Chr.) in seiner Naturgeschichte bereits über Schneckenzubereitung und Marcus Gaius Apicius hinterließ Schriften mit Rezepten und verschiedenen Weinbergschnecken Zuchtvorschlägen.

Bereits zu Zeiten rund um den Pompejanischen Krieg beschäftigte sich ein gewisser Fulvius Lippinus mit der Schneckenzucht. Er züchtete verschiedene Schneckenarten in getrennten Ställen und fütterte sie mit einem eigenen Futterteig. Ca. 750 v. Chr. begannen die Römer mit der gezielten Zucht. Dafür ließen sie Schnecken in Ligurien (Norditalien) einsammeln und in eigenen Schneckengärten mästen. Sie verwendeten dazu Hunger- und Mastbehälter, sogenannte Cochelarien – besondere Verkaufsläden, und eigenes Essbesteck.

Römer brachten Schnecken in den Alpenraum

Mit der Ausdehnung des Römischen Reichs verbreiteten sich die Schnecken als Nahrungsmittel in ganz Europa. Davon zeugen Ausgrabungen in römischen Kolonien, so auch in der Römerstadt Carnuntum, in der Nähe von Wien. Die Züchtung von Weinbergschnecken im Alpenraum setzte sich aber erst mit der Christianisierung und den damit zusammenhängenden Fastenregeln durch. Für die Kirche waren Schnecken nicht Fisch, nicht Fleisch und sie wurden deshalb vor allem in der Fastenzeit in großen Mengen gegessen. Mönche übernahmen in ihren Klostergärten die alte Tradition der Schneckenzucht. Diese ist zum Teil heute noch in Italien zu finden.

Heute zählen Weinbergschnecken zu den Kulinarischen Erben der Alpen. Der geografische Bogen zieht sich hierbei von den französischen Alpen bis nach Wien.

 

Erbe Alpen Quadrat, Escargots als die kulinarischen Erben der Römer, das Nahrungsmittel in EuropaErbe Alpen Quadrat, Escargots. Im Alten Rom (750 v. Chr.) erlebten die Schnecken ihren ersten Aufschwung. Schließlich verbreiteten sie sich als Nahrungsmittel in ganz Europa.Aus Dominik Flammer's Standard Werk "Das kulinarische Erbe der Alpen"

“Besser a Schneck’, als gar kein Speck”

Schmackhafte Fastenspeise

Seit Gedenken aß man in Österreich mehr Fleisch, als es anderswo üblich war. Die Fastenzeit wurde deshalb für Gläubige als harte Prüfung empfunden. Die kreative Interpretation der Fastenregeln schaffte hier Abhilfe. Besonders die kulinarisch verwöhnten Mönche und kirchlichen Obrigkeiten waren froh, dass Schneckenfleisch auch an Fastentagen erlaubt war. Sie sorgten für eine schmackhafte Abwechslung am Speiseplan.

Gleich fassweise transportierte man die Weinbergschnecken von der Schwäbischen Alb bis nach Linz und Wien. Von Ulm aus fuhren sogenannte Ulmer Schachteln mit der Schneckenladung die ganze Donau entlang. In Österreich befand sich am Wallersee in Salzburg eine Sammelstelle für Schnecken, hier wurde ein regelrechter Handel mit der Spezialität aufgezogen.

Ulmer Schachtel, Gedenken an eine beliebte Fastenspeise statt Fleisch. Seit Gedenken aß man in Österreich mehr Fleisch, als es anderswo üblich. Die Fastenspeise wurde deshalb als Prüfung empfunden. Daher die Interpretation.Ulmer Schachteln, in Ulm zu jener Zeit nach dem Bestimmungsort Wiener Zillen genannt, waren einfach konstruierte, bis zu 30 Meter lange Boote, die zum Schutz wertvollerer Ladung und von Passagieren mit einem Hausaufbau auf dem Deck versehen waren. Sie trieben mit Stangen gelenkt auf der Donau flussabwärts.

Wien, die Schneckenhochburg

Kaum weiß es heute noch wer, doch Weinbergschnecken waren bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts in der österreichischen Küche eine weit verbreitete Spezialität. Der Weinbergschnecke wurde in vielen Kochbüchern gebührend Platz und Ehre erwiesen. Ein berühmtes Beispiel ist das berühmte Kochbuch “Die Süddeutsche Küche” (1858) von Katharina Prato (Edle von Scheiger) oder jenes von Olga und Adolf Hess über die Wiener Küche. Viele dieser Rezepte sind heute noch erhalten.

Ab dem 18. Jahrhundert war Wien die Schneckenhochburg schlechthin. Man entdeckte die anregende Wirkung von Weinbergschnecken und das Schneckenessen kam wieder in Mode. Mit dieser Stilisierung fand gleichzeitig eine Abgrenzung zur Schnecke als Arme-Leute-Essen und Fastenspeise statt. In Wien gab es sogar einen eigenen Schneckenmarkt. Er befand sich in der Gegend des heutigen Jungferngasserl hinter der St. Peters Kirche, im ersten Wiener Gemeindebezirk. Dort wurden die Schnecken von sogenannten “Schneckenweibern” als Imbiss gekocht und gezuckert, gebacken oder auch in Speck gebraten zu Weinkraut angeboten. Gleich daneben befand sich ein traditionelles Schneckenbierhaus (1787).

Kupferstich mit Schnecken-Frau, Wien als Schneckenhochburg. von Prato bis Hess in den Kochbüchern. Die Weinbergschnecken waren bis Anfang des 20. Jahrhunderts in der österreichischen Küche eine weit verbreitete Spezialität. Wien als Schneckenhochburg. Schon früh begann man, die „Wiener Kaufrufe" bildnerisch darzustellen. Johann Christian Brand gab 1775 seine berühmte Kupferstichfolge heraus